Staatsarchiv Luzern (ISIL CH-000076-6) PLA 90/1, Plan für die Correction des Aabaches von Ermensee bis Moosen, Fotokopie, 1868

*Josef Elmiger, Postseppi, ,Ermensee

Die Güterzusammenlegung in Ermensee steht kurz vor ihrem erfolgreichen Abschluss. Es lohnt sich bei dieser Gelegenheit, ins 19. Jahrhundert zurückzublicken, um ein ähnlich angelegtes Unternehmen zu entdecken: die Aabach-Korrektion von der unteren Mühle in Ermensee bis zum Hallwilersee. Mehrere Projektphasen der beiden Unternehmungen lassen sich gut miteinander vergleichen. Wir können heute nur staunen, welch grosse Vorarbeit die Bauern im Jahre 1870 geleistet haben, ohne Baumaschinen, nur harte Handarbeit, bei einem Stundenlohn von ungefähr 15 Rappen.

Es war nicht immer so

Viele unserer Bäche, die heute zum Teil in geradem Lauf dem Baldegger- oder dem Hallwilersee zustreben, hatten früher ein ganz anderes Bett. Die Alten pflegten zu sagen: «Die Bäche fliessen im Sou-Seich ume». Namen wie Wässermatten und Fröschäcker sind heute noch im Sprachgebrauch. Wer mit offenen Augen und etwas Spürsinn unsern Bächen nachgeht, merkt bald einmal, wo der Mensch Hand angelegt und das Wasser in kanalartige Gräben gezwungen hat.

Die Genossenschaft Aabach-Korrektion

Gestützt auf die Wuhrpflicht (Gesetz vom 15. Horner 1837) gründeten 26 Bauern aus Ermensee, 43 aus Mosen, 4 aus Aesch und 4 aus Altwis die Genossenschaft «Aabachkorrektion». Ziel der Genossenschaft war die Entwässerung  und Geradelegung des Aabachs. Da ein höherer Wasserstand Rückstau und Bremswirkung erzeugte, erhoffte sich auch der Müller der unteren Mühle eine Verbesserung des Wasserablaufes.

Im Jahre 1868 wurde ein Reglement erstellt und ein Plan in Auftrag gegeben, um beim Regierungsrat ein Gesuch für die Bewilligung des Vorhabens und eine Beteiligung an den Kosten zu einreichen. Jeder Grundstückbesitzer ist namentlich eingetragen mit seiner Anzahl Unterhalts-Pflichtteiler (Gesamtzahl 4350 Werkpunkte) und dem Landverbesserungswert von total 21‘751 Franken. Wären zu dieser Zeit bereits Pläne für den Bau der Seetalbahn vorhanden gewesen, hätte das sicher zusätzliche Schwierigkeiten verursacht. Am 15. Horner 1869 genehmigte der Regierungsrat das Vorhaben:

Der Aabach vom Hallwilersee bis zur unteren Mühle im Dorf Ermensee soll nach vorliegendem Plan und Anleitung des Baudepartementes teils korrigiert und vertieft, teils neu angelegt werden. Diese Korrektion in bezeichneter Ausdehnung bildet ein für sich bestehendes, von der Korrektion des Aabaches von der Obermühle Ermensee bis in den Baldeggersee, sowie der Tieferlegung des Seespiegels, unabhängiges Korrektionswerk. Sämtliche Arbeiten und Kosten, welche behufs Ausführung erforderlich werden, sind von den in Mitleidenschaft gezogenen Landbesitzern zu leisten und auszufragen. Die technische Leitung übernimmt das Baudepartement. Ausführung, Überwachung und die nötigen Aufseher zur Beaufsichtigung der Arbeiten werden auf Kosten des Staates bestellt.

Am 21. April 1869 wurde ein Experten-Gutachten über Kosten und Verlegung des Aabachs zwischen Ermensee und Mosen erstellt und am 12. Mai 1869 ernennt der Regierungsrat eine dreigliedrige Administrations-Kommission. Erster Präsident ist Heinrich Willi, Gemeindeammann, Mosen; Sekretär Josef Elmiger, Richter, Ermensee, und Beisitzer Hauptmann Dominik Willi, Mosen.

Die Arbeit beginnt

Am 18. Dezember 1869 wurde die Ausführung des Bauwerks, errechnet nach dem alten Längenmass «Fuss» (30 cm), von Ingenieur Ernst Rudolf Moor, Luzern, an Bauunternehmer Franz Sprenger von Unterrüthi bei Muri vergeben mit der Auflage, bis Ende April 1870 die Korrektion zu beenden. Der neu zu erstellende Kanal ist im Plan mit roter Farbe gekennzeichnet, gradlinig bis zur Mündung in den Hallwilersee.

Die Kanalsohle soll eine Breite von 10 Fuss (ca. 3 Meter) und die Böschung 1 ½ Fuss Tiefe erhalten. Alle 200 Fuss Länge ist in der Kanalsohle ein Bodenholz einzulegen und mit Pfählen zu befestigen. Die Uferböschung ist mit Eschen, Erlen und Weiden zu bepflanzen. Die Anstösser erhalten ein Nutzungsrecht mit der Auflage, alle zwei Jahre die Bäume zurückzuschneiden. Die ausgegrabene Erde soll zur Einfüllung des alten Bachlaufes verwendet werden. Akkordanten und Arbeiter haben sich den Anordnungen des Baudepartementes zu unterziehen. Allfällige Differenzen können nicht vor den Zivilrichter gezogen werden. Entscheide fällt der Regierungsrat.

Der Kostenvoranschlag betrug 16‘000 Franken und der Regierungsrat erteilte eine Gutsprache für ein zinsloses Anleihen von 13‘000 Franken, rückzahlbar in acht Jahresraten von 1625 Franken. Der Taglohn eines Fronarbeiters wurde zu Fr. 1.30, 1.50 oder 1.70, je nach Tüchtigkeit und Härtigkeit taxiert. Ein vom Baudepartement bestellter Aufseher taxierte den Wert der Leistungen der Arbeiter. Die Kommission hatte das Recht, auf Kosten säumiger Arbeitspflichtiger andere Arbeiter mit einem Taglohn von Fr. 1.70 bis 1.90 einzustellen.

Am 6. Oktober 1873 ersuchte der Präsident Heinrich Willi um seine Entlassung. Der Amtszwang war auf drei Jahre beschränkt. Der Regierungsrat wählte Dominik Willi, Gemeindeammann von Mosen zum neuen Präsidenten der Kommission.

Beachtenswert ist auf dem Plan, wie der Klein-Aabach einen eigenen Flusslauf zum See hatte und der Lauf des andern Baches in grossem Bogen bis in den Altwiser-Bach einen Umweg nahm. Zur leichteren Bewirtschaftung der Grundstücke auf der rechten Seite des neuen Bachlaufes wurde auf Mosergebiet eine Holzbrücke notwendig. 1883 brachte nahe der unteren Mühle eine aus Stahlträgern erstellte Brücke der Seetalbahn eine markante Veränderung. Später wurde sie mit Beton erneuert. Seit 2000 überquert eine neue Güterstrasse den Aabach, was die Erstellung einer weiteren Betonbrücke nahe der Gemeindegrenze Ermensee und Mosen erforderte.

Die Korrektion lohnte sich

Mit der Korrektion vor 130 Jahren wurden grosse Flächen wertvollen Kulturlandes gewonnen, für viele Bauernfamilien eine Voraussetzung für das weitere Überleben. Heute hätte ein solches Gesuch keine Chance. Bodenverbesserungen sind nicht mehr gefragt, dafür Ökologisierung: Biotope, Hecken, Feuchtgebiete. Vor wenigen Jahren war der Bauer Intensivbewirtschafter, heute ist extensive Bewirtschaftung gefragt. Der Einklang mit der Natur ist notwendig und erstrebenswert.

Ob die heutige Regelung allerdings für eine lange Zeitepoche Gültigkeit haben wird, steht in den Sternen. Umweltkatastrophen, politische Ereignisse, Engpässe in der Versorgung werden künftige Landwirtschafts-Strategien beeinflussen.

*Josef Elmiger (1921-2013) lebte zeitlebens in Ermensee. Mit seiner Mutter und Tante Berta führte er dort während 39 Jahren die Poststelle. Von daher stammt auch sein Name Postseppi, wie er zeit seines Lebens überall und liebevoll genannt wurde. Josef Elmiger war verheiratet mit Marie Müller, die beiden hatten vier Kinder.

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