28. August 2025
Der Heliomalt-Elefant wird an die Wand gepinselt. Die Illustration von Grafiker Ludwig Suter zu diesem Beitrag. | © 2021 Seetaler Brattig

*Hans Peter Ineichen, Luzern, «Seetaler Brattig» 2021

Heliomalt: Die Idee dieses Milchmisch-, Frühstücks- und Sportgetränkes aus entstand um 1930. Inspiriert wurde das Produkt ohne Zweifel von Dr. Wander’s «Ovomaltine». Neben allen Eigenschaften, die mit malz- und kakaohaltigen Milchmischpulvern verbunden und ausgelobt wurden, bildete Heliomalt eine solide Grundlage für ein Frühstücks- und Pausengetränk – nicht nur für Kinder, auch für Sportler und Werktätige. Darüber hinaus überzeugte Heliomalt auch geschmacklich.

Entwickelt wurde Heliomalt von der Firma Siegfried in Zofingen. Wie der Name entstand, ist nicht bekannt. Waren es Kaufleute oder Wissenschafter mit einer klassischen Ausbildung? Sahen sie den griechischen Gott Helios, der jeden Tag mit einem von Pferden gezogenen, golden leuchtenden Himmelswagen von seinem Palast im Osten zu seinem Palast im Westen zieht – und Licht und Wärme und Leben auf die Erde schickt? Auffallend ist, dass auf allen Heliomalt-Packungen, über alle Jahrzehnte hinweg, und sie wurden mehrmals graphisch überarbeitet, nie eine Sonne und eine Ähre fehlten.

Albrecht Siegfried, Verwaltungsratspräsident der Siegfried AG, war von 1914 bis 1953 auch Verwaltungsrat bei «Hochdorf», die damals noch Schweizerische Milch-Gesellschaft hiess. Er fand, dass ein Milchmischgetränk besser zu einem Milchverarbeiter passe, und so begann die «Heliomalt»-Ära bei «Hochdorf» um 1932. Neue Produkte waren sehr willkommen, musste doch das Unternehmen einen massiven Rückgang im Export-Geschäft überwinden. Ein zähes Ringen begann. «Hochdorf» und Heliomalt waren im damals noch stark strukturierten schweizerischen Detailhandel erst wenig bekannt. Es dürften noch über 20’000 private Detailhändler und Molkereigeschäfte existiert haben. Die Heliomalt-Produktion wurde übrigens 1945 nach Hochdorf verlegt.

Neben einem hohen Kundennutzen und einem eingängigen Namen braucht ein Markenprodukt ein starkes visuelles Erscheinungsbild und einen USP (unique selling proposition oder Alleinstellungsmerkmal). Der Konsument/die Konsumentin soll zudem ein Produkt leicht wiedererkennen und sich mit ihm identifizieren können. Produkt und Packung sollen unverwechselbar sein und die beworbene Qualität vermitteln. Kurz: die Verpackung muss ein visuelles Erlebnis bieten. Und die Hersteller-Firma muss für die Qualität des Produktes bürgen. Zugegeben, etwas viel Marketing-Deutsch, doch so sind nun einmal die Spielregeln. Sie haben sich bis heute kaum verändert.

Gibt Kraft für zwei

Wer für den Werbeslogan «Heliomalt gibt Kraft für zwei» verantwortlich ist, ist nicht bekannt. Eine Möglichkeit wäre Herr Burkart, der Hochdorf-Werbeverantwortliche in den 1940er Jahren. Das Archiv lieferte bis heute keine Auskunft. Fritz Kaltenbach, ein kreativer Luzerner Grafiker, zeichnete zu diesem Slogan eine Serie witziger Zeichnungen mit bewusst stark übertriebenen Szenen. Sie erschienen anfangs der 1950er Jahre als Inserate unter anderem im «Schweizerischen Beobachter». Mag sein, dass sich nicht alle Konsumentinnen und Konsumenten von dieser muskelkraft-lastigen Kampagne angesprochen fühlten. Immerhin, diese verfehlte nicht die gewünschte Wirkung. Heliomalt wurde vermehrt wahrgenommen, die Nachfrage stieg an.

Der Elefant auf Heliomalt-Dosen

Der Zirkus Knie bot 1952 ein grandioses Programm mit exotischen Tieren. Nummern mit Eisbären, Hunden, Pferden und Ponys, fehlten ebenso wenig wie ein Auftritt mit Elefanten. Und tatsächlich balancierte ein Jumbo über eine Reihe von Heliomalt-Dosen. (Der Schreiber erinnert sich an diese Zirkus-Nummer. Mit seiner Tante besuchte er eine Knie-Vorstellung in St. Gallen.)

Der akrobatische Auftritt dieses Elefanten muss beeindruckt haben. Die Idee eines Heliomalt-Plakats mit Elefant war damit geboren. Wer genau den Anstoss dazu gab, ist ebenfalls nicht überliefert. Für die Schaffung eines Plakates konnte Celestino Piatti aus Basel (1922–2007) gewonnen werden, Sohn eines Tessiner Steinhauers, einer der damals wirkungsmächtigsten und ideenreichsten Plakatkünstler. Seine Vision: ein sympathischer, übermütiger, junger Elefant. Einer zum gern haben. Dargestellt mit piatti-typischen kräftigen Konturen. Das Plakat setzte sich rasch durch. Es hing während Jahren in Bahnhöfen und an Baustellen-Wänden, an Plakatsäulen und auf Sportplätzen in der ganzen Schweiz und erinnerte die Betrachter an die gesunde, kraftspendende Wirkung des Hochdorfer Getränkes.

Um die stärkende Wirkung von Heliomalt zu zeigen, hätten sich sicher auch andere Tiere angeboten wie Ochsen, Delphine oder Bären. Doch Elefanten drängten sich auf, gelten sie doch als intelligent und erstaunlich lernfähig. Seit Jahrhunderten werden von Indien bis Thailand Elefanten als Arbeitstiere eingesetzt. Und Jungtiere haben immer einen Sympathie-Bonus.

Mit Elefanten der der Buure-Landi

Der mächtige Landwirtschaftsverband beschloss 1946, eine weitere nationale Leistungsschau zu organisieren. Der Bundesrat gab 1950 seine Zustimmung. Die Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Schweizer Bauern sollte nachhaltig dargestellt werden.

Die sogenannte Buure-Landi fand vom 16. September bis 11. Oktober 1954 auf der Luzerner Allmend statt. Die Ausstellung war ein Grosserfolg. Über eine Million Besucherinnen und Besucher strömten auf den Platz, fast ein Viertel der damaligen Bevölkerung der Schweiz. Es fehlte nicht an Prominenz: Der Gesamtbundesrat gab sich die Ehre, weder General Guisan noch der populäre alt Bundesrat Rudolf Minger fehlten.

Am Dienstag, 21. September 1954, am Tag der Milchwirtschaft, zog ein mächtiger Umzug vom Bahnhof Richtung Allmend. Die «Hochdorfer» zeigten ihre Milchprodukte, unter anderem mächtige Kondensmilch-Dosen auf von Pferden gezogenen Wagen. Und dann trotteten zwei junge Elefanten vom Basler Zoo mit gelben Schabracken (Satteldecken) mit der Aufschrift «Heliomalt gibt Kraft für 2» durch die Strassen. Die Wirkung aber war enorm. Das Plakat und der Slogan «Heliomalt gibt Kraft für 2» waren endgültig lanciert.

Der Elefant am Kreuzstutz

Noch kannte man keine Fernseh- und Radio-Werbung, von digitaler Werbung ganz zu schweigen. Dauer-Werbestellen an stark frequentierten Orten waren deshalb sehr gefragt. Mit den Eigentümern der Liegenschaft an der Kreuzstutz-Kreuzung in Luzern fanden die Hochdorfer Werber eine Lösung für den Heliomalt-Elefanten. Die Zugreisenden Richtung Luzern, alle Auto- und Velofahrer sollten ihn nicht übersehen. Nachts leuchtete der gelbe Schriftzug. Der Heliomalt-Elefant am Kreuzstutz wurde zu einer eigentlichen Ikone für Luzern. Er gehörte während vieler Jahrzehnte, bis Ende 1996, zum Stadtbild.

Heliomalt heute

Der Markt für Morgen- und Milchmischgetränke wurde zunehmend härter, und die Nachfrage nach Heliomalt brach nach und nach ein. Milch als wertvolles Nahrungsmittel wurde und wird teilweise immer weniger geschätzt. Fertigprodukte entsprechen heute eher dem Zeitgeist (der Verpackungsverschleiss lässt grüssen). Das Produkt wurde 2012 an die Heliomalt AG verkauft. Heliomalt ist noch in Fachgeschäften (Apotheken und Drogerien) und in wenigen Coop-Verkaufsstellen erhältlich.- So kann man nur noch rufen: Sic transit gloria mundi – so vergeht die Herrlichkeit der Welt!

www.heliomalt.ch

  • Quellen:
  • Staatsarchiv Luzern
  • Privatarchiv Sepp Sticher, Mühle Hochdorf
  • Firmenarchiv HOCHDORF Holding AG

*Hans Peter Ineichen (geboren 1939), aufgewachsen in Hochdorf, heute Archivar der HOCHDORF Holding AG, verheiratet, lebt in Luzern.

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